Ist das westliche Seeland eine Randregion?

Innerhalb des Vereins seeland.biel/bienne organisieren sich die Gemeinden in Gebietskonferenzen, um sich gemeinsam den Schwerpunktthemen in ihren Teilregionen zu widmen. Für Brigitte Walther aus Tschugg und ihre Amtskolleginnen und -kollegen im westlichen Seeland stehen der Tourismus und die (Land-)Wirtschaft häufig auf der Traktandenliste.

 
Die Teilregion Ins/Erlach ist eine ländliche Gegend zwischen den Zentren Bern, Biel und Neuenburg. Eine Randregion?

Geografisch betrachtet vielleicht schon. Wir leben in einer sehr schönen Gegend, wo andere Ferien machen, trotzdem ist man von hier in nur 20 Minuten in den grossen Städten.

 
Welchen Einfluss hat die nahe Sprachgrenze?

Unsere Gemeinden gehören zur Deutschschweiz, das ist unsere Identität. Aber das Westschweizer Element macht sich verstärkt bemerkbar. Immer mehr Menschen aus dem Kanton Neuenburg ziehen zu uns. Damit wird der Bilinguismus zum Thema. An einigen Gemeindeversammlungen wird heute aus Rücksicht auf die Zuzüger Hochdeutsch gesprochen.

 

 
Fühlen Sie sich als Randregion vom Kanton Bern wahr- und ernstgenommen?

Teils teils, das ist nicht anders als anderswo. Als einzelne Gemeinde hat man kein grosses Gewicht, doch wenn man gemeinsam auftritt – wie mit dem Verein seeland.biel/bienne – wird man durchaus gehört.

 

 
Auch innerhalb der Region Biel/Seeland steht Ihre Teilregion selten in den Schlagzeilen.

Die grossen Themen liegen naturgemäss häufiger im Umfeld der wirtschaftlichen Zentren. Wenn sich seeland.biel/bienne um diese kümmert, profitieren auch wir, denn dort befinden sich zum Beispiel die Arbeitsplätze, die für uns ebenso wichtig sind. Wir erhalten von der Gesamtregion aber durchaus auch Unterstützung für unsere eigenen Anliegen – etwa im Bereich Landwirtschaft.

 

 
Die abnehmende Bodenqualität im Gemüseland des Grossen Mooses gibt zu reden. Was tut die Region zur Lösung der Probleme?

Der Torfboden senkt sich immer weiter ab, da ist sicher Handlungsbedarf. Auch für diese Herausforderung ist ein gemeinsames Vorgehen das Richtige. Mit der Landwirtschaftlichen Planung Seeland West und der Bodenkartierung Grosses Moos sind wir daran, Grundlagen zu schaffen, um die Daueraufgabe Bodenverbesserung langfristig zu bewältigen. Es geht auch darum, unsere intensive Landwirtschaft mit den ökologischen Anliegen in Einklang zu bringen. Dazu sind auch Kompromisse nötig.

 

 
Von wirtschaftlicher Bedeutung ist im westlichen Seeland auch der Tourismus. Regionale Initiativen wie der Pont de l’Avenir über die Zihl oder ein Feriendorf im Inforama Ins sind aber gescheitert…

Für das Scheitern gab es verschiedene Ursachen. Um solch grosse Projekte zum Fliegen zu bringen, braucht es den Rückhalt aller Beteiligten – Gemeinden, Region und auch Kanton. Bei diesen Projekten im Rahmen der Neuen Regionalpolitik (NRP) befürworteten alle die Abklärung der Machbarkeit, zuletzt wollten einzelne Akteure aber nicht mehr mitziehen. Das ist immer ein Risiko, das man in Kauf nehmen muss.

 

 
Zur wirtschaftlichen Stärkung der Region hat seeland.biel/bienne auch das Projekt «Coworking» angestossen. Was steckt dahinter?

Derzeit laufen Abklärungen im regionalen Zentrum Ins, aber auch in Lyss und Büren. Die Idee besteht darin, in den Regionen Infrastrukturen für flexibel nutzbare Arbeitsorte und Treffpunkte zu schaffen, wie es sie in vielen Städten längst gibt. Der Vorteil eines solchen Angebots besteht darin, dass Arbeitnehmende dadurch – ähnlich wie bei «Homeoffice» – einen Teil ihrer Arbeit in der Nähe ihres Wohnorts erledigen können und nicht jeden Tag weite Strecken pendeln müssen. So könnte der Pendelverkehr eingedämmt werden und die Region würde als Wohn- und Arbeitsstandort gestärkt. Wir werden sehen, ob das bei uns zustande kommt.