«Die Probleme dort lösen, wo sie anfallen»
Als Gemeindepräsident von Aarberg hat Fritz Affolter fast acht Jahre in den Gremien von seeland.biel/bienne mitgearbeitet und präsidiert derzeit die Gebietskonferenz Lyss/Aarberg. Die Kontakte und den Austausch unter den Gemeinden hat er geschätzt, doch er äussert sich auch kritisch über die Organisation zwischen der Kantons- und der Gemeindeebene.
Corona beherrscht wieder das öffentliche Leben. Wie verlief das Jahr für die 24 Gemeinden der Gebietskonferenz Lyss/Aarberg?
An der Konferenz der Gemeindepräsidien im September war Covid-19 natürlich auch ein Thema. Es zeigte sich, dass grössere Gemeinden vom Kanton erwartet hätten, dass er sie im Umgang mit der Situation stärker unterstützt. Kleinere Gemeinden hatten sicher weniger Probleme und konnten diese mit ihrem Führungsstab eigentlich gut und mit den eigenen Ressourcen lösen – auch Aarberg.
seeland.biel/bienne konnte keine konkrete Unterstützung bieten?
Der Verein wollte zu Beginn die Gemeinden unterstützen. Aber in dieser Phase konnte er meines Erachtens gar nichts Handfestes bieten. Massgebend sind die Vorgaben, die vom Bund über den Kanton zu den Gemeinden gelangen. Die Gemeinden kennen die Verhältnisse vor Ort und müssen Lösungen finden. Biel hat andere Verhältnisse als Lyss oder Aarberg, und in Finsterhennen sieht es noch einmal ganz anders aus.
Ein Ziel von seeland.biel/bienne war immer, dass die Region sich besser Gehör für ihre Anliegen verschaffen sollte. Gelingt das nicht?
Das ist die Idee, aber die Realität sieht oft anders aus, denn die Anliegen sind sehr unterschiedlich. Biel interessiert es kaum, ob die Bauern im Seeland zunehmend unter der Bodenerosion leiden. Die Agglomeration hat eigene Probleme, etwa der Verkehr. Im ländlichen Raum fühlen wir uns bei unseren Themen nicht immer sehr unterstützt von den Vertretern des urbanen Raums.
Sie zweifeln am Sinn einer regionalen Interessensgemeinschaft?
Ich glaube, dass Probleme dort gelöst werden sollen, wo sie sind, und das ist selten in der Region. Die Gemüsebauern in Ins tragen ihr Anliegen direkt über ihren Grossrat ins Kantonsparlament. Wenn Lyss den Zivilschutz für die Bewältigung der Pandemie braucht, dann ist ein direkter Kontakt zum Kanton hilfreich. Da braucht es die Region nicht.
Also hat seeland.biel/bienne für die Gemeinden kaum eine Bedeutung?
Der Verein wird sicher von jenen Gemeinden wahrgenommen, deren Exekutivvertreter in einem Gremium Einsitz haben, zum Beispiel – wie ich – im Vorstand oder in der Konferenz Raumentwicklung und Landschaft. Der Verein übernimmt im Auftrag des Kantons ja konkrete Aufgaben, etwa in der Raumplanung. Dort kann sich eine Gemeinde aktiv einbringen. Wenn sie aber nicht direkt involviert ist, nimmt sie den Verein kaum wahr.
Ein regionaler Dauerbrenner sind Standplätze für die Fahrenden. Tut sich etwas auf regionaler Ebene?
Nach Brügg hat jetzt Gampelen zeitlich befristet einen Standplatz zur Verfügung gestellt und an der Konferenz im September über die Erfahrungen berichtet. Dieser Erfahrungsaustausch ist positiv, aber das Problem ist nicht gelöst.
Sie treten nun als Gemeindepräsident ab. Was wünschen Sie seeland.biel/bienne für die Zukunft?
Auf keinen Fall, dass aus dem Verein eine Regionalkonferenz wird. Schon gar nicht eine, die auch noch den Berner Jura umfasst, der noch ganz andere Interessen hat. Ich wünschte mir eher eine Stärkung der Ebene der Verwaltungskreise – also der eigenen, kleinräumigen Strukturen im Seeland, in der Agglomeration Biel, im Berner Jura. Hier kann man besser gemeinsam konkrete Projekte verfolgen. Damit würde seeland.biel/bienne meiner Ansicht an Bedeutung gewinnen.